Von Daniel Roters
Seit dem Morgen des 8. Juli strömen Tausende Ägypter auf den Tahrir-Platz in Kairo. Es sind die größten Proteste seit dem Sturz Hosni Mubaraks und die Bilder ähneln denen aus dem Frühjahr. Stellte ich mir persönlich die Frage, ob es noch eine Revolution gibt, muss ich heute hier und jetzt sagen: Die Revolution lebt weiter.
Der Tahrir-Platz am Abend des 8. Juli. |
Die Proteste wenden sich nun gegen die Militärregierung und gegen deren Vorsitzenden Feldmarschall Tantawi, der seit dem Sturz Mubaraks die Amtsgeschäfte des Landes führt. Es ginge nicht um die Armee selbst, sondern die Führer des Landes, die es versäumten, Gerichtsverfahren gegen Komplizen des ehemaligen Präsidenten anzustrengen und Reformen voranzubringen.
Wieder ist der Tahrir-Platz bevölkert von Ägyptern, die nicht nur demonstrieren und protestieren, sondern in Kommitees wieder eine Art Selbstverwaltung aufgebaut haben. Die Sicherheit der Demonstranten organisieren die Demonstranten selbst. Personen, die den Platz betreten werden kontrolliert. Mobile Lazarette bereiten sich auf die Versorgung Verletzter vor.
Die Demonstranten auf dem Tahrir-Platz hören Ramy Essam, dem "Sänger der Revolution" zu. |
In Suez strömten Menschen auf die Straßen und protestierten gegen die Freilassung von 10 Polizisten auf Kaution. Sie waren in Haft, weil sie für den Tod zahlreicher Demontranten während der Proteste im Frühjahr verantwortlich gemacht wurden.
Gingen wir davon aus, dass der Sturz Mubaraks ein historischer Moment war, so können wir nun sagen, dass der 8. Juli eine neue Marke gesetzt hat: Ägypter sehen es nun als ihre staatsbürgerliche Pflicht an, wachsam zu sein, zu protestieren, und für elementare Freiheitsrechte einzutreten.
Es geht nicht um Nahrung oder mehr Geld. Es geht um die Vorraussetzungen für eine Gesellschaft, in der staatsbürgerlich gehandelt werden kann und darf, um das Leben der Menschen zu verbessern. Es geht darum Ziele zu stecken und sie durch politische Partizipation zu erreichen. "Freiheit" und "Gerechtigkeit", das sind die Worte, die man an diesem Tage auf dem Tahrir-Platz vernimmt. Und die Demonstranten haben auch durchaus dedizierte Forderungen: Bereits gestern forderten demonstrierende Muslime und Christen die Einführung eines Gesetzes zur Einführung der Zivilehe, um sich scheiden und wieder verheiraten lassen zu können.
Proteste auch in vielen anderen Städten Ägyptens. Hier demonstrieren die Bürger von Tanta. |
Die ägyptische und libysche Flagge zusammengeknüpft als Zeichen der Solidarität. |
Ein Gruß aus Kairo an die Palästinenser. |
Nachtrag (00:45): In Suez haben Arbeiter und Demonstranten zivilien Ungehorsam angekündigt sollte die Militärregierung den Forderungen der Demonstranten nicht nachkommen.
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